Das kalte Herz - Ein Märchen über maßlose Gier und Hartherzigkeit
„Es ist doch besser zufrieden zu sein mit wenigem, als Gold und Güter zu haben, und ein kaltes Herz.“
- Wilhelm Hauff -
Das „hölzerne“ Jahrtausend – längst nicht zu Ende
Gebet des Waldes
Mensch!
Ich bin die Wärme deines Hauses in kalten Winternächten.
Der schimmernde Schatten wenn des Sommers Sonne brennt.
Ich bin der Dachstuhl deines Hauses und das Brett deines Tisches.
Ich bin das Bett, indem du schläfst.
Und das Holz, aus dem du schöne Schiffe baust.
Ich bin der Stiel deines Hammers und die Tür deiner Hütte.
Ich bin das Holz deiner Wiege und deines Sarges.
Ich bin das Brot der Güte, die Blume der Schönheit.
Erhöre meine Bitte: Zerstöre mich nicht!
Kurzfassung des Märchens
Der Kohlenmunk Peter hatte es satt ein armer Köhler zu sein. Er wünschte sich genau so viel Reichtum und Ansehen wie der Waldbesitzer Ezechiel.
Es ging die Sage vom Glasmännlein, dem „Schatzhauser”, der schon so manchem geholfen habe. Peter ging in den Wald und fand ihn. Er versprach ihm drei Wünsche zu erfüllen, es sollten nur keine törichten sein. Aber Peter wollte nur Geld und Ansehen. Er bekam es, aber der Schatzhauser verließ ihn voll Wut, denn das Wichtigste, den Verstand, hatte Peter vergessen.
Peter Munk wurde ein reicher Mann, der aber all sein Geld verspielte und bald vor dem Ruin stand. Da suchte er den unheimlichen Flößer Holländer-Michel auf. Mit ihm vereinbarte er einen Handel. Peter sollte sein Leben lang Geld und Ansehen haben, dafür aber müsse er dem Holländer-Michel sein lebendig schlagendes Herz geben. Peter willigte ein und erhielt ein steinernes Herz.
Von da an hatte er viel Geld. Er heiratete das lieblichste Mädchen der ganzen Gegend. Allein: lieben konnte er sie nicht und freuen konnte er sich auch nicht mehr. Er verstieß seine Mutter, die in großer Armut lebte, und am Ende erschlug er gar seine Frau, weil sie einem armen alten Mann zu essen gegeben hatte.
Da packte ihn doch so etwas wie Reue, soweit das mit seinem steinernen Herzen möglich war, und er suchte wieder das Glasmännlein. Es war der alte Mann gewesen, dem Munks Frau geholfen hatte. Um ihrer Gutherzigkeit Willen erklärte sich der Schatzhauser bereit, Peter zu helfen. Mit einer List gelang es dem Reumütigen, sein schlagendes Herz wieder zurückzubekommen. Und seine warmen Gefühle machten auch seine Frau wieder lebendig. So lebte er noch lange Zeit glücklich als bescheidener und angesehener Köhler.
Filmische Neuinterpretation
Die Geschichte vom hilfreichen Glasmännlein und dem teuflischen Holländer Michel, an den der arme Köhler Peter Munk aus dem Schwarzwald sein Herz verkauft in einer Neuinterpretation, die im Rahmen eines talentCAMPus der Pfullinger vhs im Jahr 2024 entstanden ist.
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Hauff und der Schwarzwald
Hauffs Cousin lebte in Schwarzenberg bei Baiersbronn als Pfarrer. Er war dort mit der Tochter des reichsten Mannes verheiratet. Die Familie hatte Wald und Gaststätten.
In Schwarzenberg gab es noch Wald, da das Holz dringend für die Glasherstellung benötigt wurde. Neben vielen kleinen Glashütten, war vor allem Buhlbach bekannt. Die größte Glashütte in der Region.
Die großen Flöße erlebte Hauff vermutlich in Tübingen auf dem Neckar, da auf der schmalen Murg in Baiersbronn nur sogenanntes Schnittholz transportiert wurde.
Im dunklen Schwarzwald gab es viele Geister zu Hauffs Zeiten. Das Glasmännchen und der Holländer-Michel gehören sicher in diese Gruppe. Allerdings wurden sie bei Hauff mit Elementen des christlichen Glaubens verbunden.
Holzhunger
Der Holzhunger im 18. und 19. Jahrhundert war riesig. Der Nordschwarzwald war nahezu baumlos zu Hauffs Zeiten. Gebraucht wurde das Holz für die Silber- und Erzbergwerke. Holz als Pottasche und als Holzkohle für die Glasherstellung. Holz zum Hausbau und zum Heizen. Holz als Quelle des Reichtums durch Verkauf.
Am reichsten waren im Schwarzwald die Waldbesitzer.
Die Flößer
Die Flößer transportierten das Holz des Schwarzwalds auf dem Wasser zum Rhein. Der Beruf wurde gut bezahlt, da er anstrengend und gefährlich war. Verletzungen von den schweren Stämmen waren häufig, wer damals ins Wasser fiel ist häufig ertrunken.
Am meisten Geld brachten die „Holländer“.
Als "Holländer" wurde eine Tanne oder Buche bezeichnet, die wegen ihrer außerordentlichen Dimension – bis zu 30 m lang und am dünneren Ende immer noch 40 cm dick – nach Holland verkauft wurde.
Holland war mit seiner Schiffs- und Städtebaukunst und seinen weltweiten Handelsverbindungen im 17. und 18. Jahrhundert die größte Produktionsregion Europas. Die großen Stämme wurden außerdem für das Trockenlegen von Sumpfland gebraucht. Amsterdam wurde auf Stämmen aus dem Schwarzwald gebaut.
Die Köhler
Zu Hauffs Zeiten waren die Köhler im Schwarzwald sehr wichtig, da noch keine Steinkohle zur Verfügung stand.
Die Holzkohle wurde zur Verhüttung von Silber und Eisenerz gebraucht, sowie zur Glasherstellung, zum Hausbau, und zur Herstellung von Werkzeugen aus Eisen.
Das Leben der Köhler war einsam und anstrengend. Sie lebten außerhalb der Dörfer, waren dreckig durch ihre Arbeit und sie verarbeiteten oft Abfallholz, dass nicht verkauft werden konnte und daher als wertlos angesehen wurde.
Obwohl ohne Köhler das Leben im Schwarzwald unvorstellbar war, wurden sie nicht anerkannt und bekamen wenig Geld für ihre Holzkohle. Sie hatten einen niedrigen Stand.
Der Aufbau der Meiler war aufwendig. Mehrere Materialschichten mussten genau aufeinander abgestimmt sein. Im Schnitt hatten die Meiler 8-10 m Durchmesser.
Solange der Meiler brannte bekam der Köhler kaum Schlaf, da das größte Unglück das Verbrennen des Holzes war. Es sollte verkohlen, nicht verbrennen. Daher wurde der Meiler ununterbrochen beobachtet. Genau die richtige Menge Luft musste bestimmt werde. Dieser Vorgang konnte zwei Wochen lang dauern. Ein Zehntel der Holzmasse blieb als Holzkohle übrig und konnte verkauft werden.
Köhler galten als kauzig, schwierig, dreckig, arm und immer hungrig. Unfälle waren häufig und es gab kaum medizinische Hilfe und natürlich keine Krankenversicherung.
Quellen
- Hinz, Ottmar, Wilhelm Hauff. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Verlag: Rowohlt, 1989
- Das Gedicht wurde entnommen dem Gemeindebrief der evangelischen Kirchengemeinde Willstätt, März 2022. (Fundort: Schliffkopf-Hotel an der Schwarzwaldhochstraße)
- Johannes Werner 1995 in der Jahresschrift Die Ortenau, über „Köhler und Flößer: Ein physiognomischer Versuch“
- Gustav Heinzelmann, Schwarzwaldflößer 2023, regionalia.blb-karlsruhe.de/frontdoor/deliver/index/docId/22432/file/BLB_Heinzelmann_Schwarzwaldfloesser.pdf